Dies ist eine Story, die mit einem kleinen Absatz aus einem Heimatbuch begann und eine Traum erfüllte.
Es handelt sich um einen mittelalterlichen Harnisch, der sich nach ca. 640 Jahren Ruhe entschlossen hat, nicht entgültig zu verwittern, sondern, wieder am Tageslicht, seine Existenz präsentieren und uns von einer Tragödie zu berichten!
Dieser Harnisch war, als Columbus Amerika sah, schon über 100 Jahre in der Erde. Zu Beginn des 30 jährigen Krieges 250 Jahre und beim Ausbruch der Französischen Revolution weit über 400 Jahre. Am Ende des letzten Jahrhunderts waren es 640 Jahre.
Welche Stürme fegten über Ihn hinweg!
Von seiner aktiven Zeit erzählt er uns von fortwährend Krieg, Kampf, brechenden Traditionen und Tragödien, ganz zu schweigen vom schwarzen Tod, Erdbeben und Hungersnöten.
Mir scheint, die Pest und die Naturkatastrophen hatten Mitleid mit den Menschen und wollten helfen, in dem unsäglichen Bemühen, sich selbst auszurotten.
Aber die Natur hat Zeit, viel Zeit!
Nur die durchaus grausamen, aber wohl noch unzulänglichen Vernichtungs- und Bewegungsmittel dieser Epoche hat dies verhindert.
Aber vielleicht schaffen wir es jetzt langsam, mit unserem Erfindungsgeist der globalen Selbstvernichtung, gepaart und vorgezeichnet durch ideologischen und religiösen Wahn!
Oder holt uns die Natur vorher ein, das Rennen ist eröffnet!!
Da braucht es keinen Harnisch mehr, der noch den geschmückten Eindruck macht, es gab eine Kultur des Krieges.
Die Geschichte wiederholt sich nicht, sagte Voltair, aber immer tut es der Mensch!
Die Polarität ist ein kosmisches Element, ohne Krieg kein Frieden, ohne Lüge keine Wahrheit, ohne Tod kein Leben. Da gibt es nur die Gnade der Geburt, wann und wohin.
Darum jetzt und hier, viel Vergnügen mit dem Studium eines Zeitzeugen, der die Vergangenheit offenbart, wenn man seine Sprache spricht.
Es handelt sich um einen sogenannten Plattenrock der Ritterschaft des mittleren 14. Jahr- hunderts. Ein Vorgänger des darauf folgenden Lentners. Der Waffenrock besteht aus einer geschlossenen Brustplatte und den kleineren Platten der Bauch, Seiten und Rückenbepanzerung.
Die Materialstärke ist je nach Korrossionswirkung 1,2 bis 2 mm. Die Brustplatte beinhaltet 4 Waffenketten die um + - 1350 gebräuchlich bzw. Mode waren.
Diese dienten der Sicherung von Schwert, Dolch, Helm und Schild.
Ein auffälliges Detail sind die spangenartigen, drehbar gelagerten und verzierten Kettenverschlüsse bisher unbekannter Art.
Speziell diese Art Waffenketten, die auch auf Grabmählern zu sehen sind, haben nach meinen Experimenten, die ich mit dem Nachbau des W-Rockes unter Kampfbedingungen durchgeführt habe, primär einen Demonstrationszweck, da diese in der notwendigen Beweglichkeit einer körperlichen Auseinandersetzung äußerst hinderlich sind. Das erklärt auch in besagter Brustplatte die relativ großen, noch vorhandenen Angeln des Verschlusses, die im Falle einer Konfrontation, eine schnelle Abnahme der W-Kette gewährleistet!
Die auf Grabplatten dargestellten Plattenröcke mit Waffenketten wären demnach reine Prunkstücke, was aber nicht ausschließt, das diese Ketten nicht auch abnehmbar waren. Denkbar ist natürlich im Falle hiesiger Rüstung, das diese aus pragmatischen Gründen sowohl zum Kampf, als auch zum martialischem Auftritt gedient hat.
An der zur Brustplatte gehörenden Anzahl von ca. 30 kleineren Platten verschiedener Größe und Formen läßt sich erkennen, das nicht nur der Unterleib, sondern auch die Seiten des Oberkörpers und zumindest Teile des Rückens bepanzert waren. Ein Schulterstück ist zudem deutlich zu erkennen.
Die noch vorhandenen flachen Nietköpfe auf allen Teilen, insbesondere die beiden großen, erhaltenen Ziernieten auf der Brustplatte, weisen durch ihren Abstand von 3 mm darauf hin, das die Platten an Organischem Material wie Leinen oder Leder oder beides im Verbund aufgebracht waren. Das bedeutet, zur Frontalansicht waren nur die Nieten zu sehen. Ich kann mir auch vorstellen, das die Außenmaterialien mit den Wappenfarben des jeweiligen Besitzers eingefärbt waren.
Zu der Größe des Harnisch ist zu bemerken: Ich gehe davon aus, das es sicher eine Maßanfertigung war. Auf der Rückseite im Zentrum der Brustplatte, befindet sich eine Schmiedemarke. Die Herkunft ist noch in der Forschung. Das so ein Plattenrock in seiner aufwendigen Machart ein Vermögen kostete und nicht jedermann Sache war, brauche ich Sachkundigen nicht zu erklären!
Nebenbei noch der Hinweis, das dieser, wohl in Mitteleuropa verbreiteter Harnisch in dem vorhandenen Exemplar wohl einmalig ist. Trotz intensiver Suche im In- und Ausland wurde bislang kein Gegenstück aufgewiesen. Lediglich aus Italien erreichte mich die Information, das ein paar Handteller große Fragmente mit dem Ansatz einer Waffenkette gefunden wurden.
Damit stellt sich die Frage nach dem mutmaßlichen Besitzer.
Zu den anfänglich sehr dürftigen Angaben in der Heimatcronik, stellt sich nach jahrelangen Nachforschungen folgendes dar.
Zu Haderstein bei Hader im Landkreis Passau gab es ein Adelsgeschlecht bekannt seit 1275.in den Urkunden Namens Haderer, Hadrer und Hadräer.
In Bezug zum Harnisch ist relevant ein Zacharias Haderer, der 1367 die Burg Hirschstein, ebenfalls im südlichen Landkreis Passau, von seinem Onkel, Walchun dem Haderer kaufte.
Dieser Zacharias war der streitbarste seiner Sippe und hat sein Leben mit ständigen Kämpfen verbracht. Dies hier zu beschreiben würde den Rahmen meiner Homepage sprengen und bitte mir nachzusehen.
Nun war dieser Zacharias nur einige Jahre im Besitz dieser Burg mit dem dazu gehörigem Dorf. In dieser Zeit, fanden in der fürstbischöflichen Stadt Passau erhebliche Umwälzungen statt.
In den Interessensgruppen der Herzöge von Bayern, Österreich und den Fürstbischöfen steigerte sich dann der Krieg zwischen den Passauer Bürgern und ihrem Herrn zu einer Katastrophe!
Zwischen dieser Kriegsmühle agierte geschickt und die Fronten wechselnd dieser Zacharias Haderer. Er war so erfolgreich, das er beiden Herzogshäusern hohe Summen Geldes leihen konnte. Dies brachte ihm nicht nur viele Zuwendungen, er hatte Besitztümer bis nach Niederösterreich, sondern naturgemäß auch Feinde. Ein Schwerpunkt z.B. war die Vernichtung von 300 Passauer Bürger in der Schlacht 1367 bei Erlau.
Er war zum Beispiel Ministeriale des Fürstbischofs zu Passau, was ihn nicht daran hinderte, gegen ihn zu kämpfen. Dazu kam noch der Krieg mit den Passauer Bürgern, wo er kräftig mit händelte. Nun zentralisieren sich die Kräfte der Zerstörung Burg Hirschsteins, in die Zeit des Zacharias Haderer und nicht wie fälschlich überliefert, die Abtragung der Burg im Jahre 1384.
Allenfalls die Reste der Zerstörung wurden verwendet.
Im Zuge der Kampfhandlungen wechselnder Parteien ging die Burg in Flammen auf, was die Befunde deutlich beweisen.
Nun zum Kampf um Hirschstein.
Ich gehe auf Grund, meiner Recherchen von einem Vergeltungsschlag, einschließlich einer Beuteaktion im naheliegenden Dorf aus. Der Burgstall hatte in seiner Anlage und Größe keine militärische Bedeutung. Das mindert keinesfalls die Dramaturgie des Geschehens. Das Bürglein, war nicht nur klein, sondern hatte durch fehlende Ringmauer, nur sehr begrenzten Widerstand zu leisten. Dieser war, ob mit oder ohne Vorwarnung, aussichtslos!
Von der Härte und Erbarmungslosigkeit zeugt die Tatsache, das trotz der Aussichtslosigkeit den Kampf zu bestehen, keine Aufgabe stattgefunden hat. Eine Erklärung dazu wäre, das Entsatz unterwegs war? Aber das entzieht sich unserer Kenntnis!
Die Verteidiger konnten, angesichts des kleinen Burgplateaus, nicht einmal der Hitze von brennenden Gebäuden entgehen.
Die Dramatik des Fluchtversuchs eines Reiters, läßt sich durch seine Hinterlassenschaft ansatzweise rekonstruieren!
Inwieweit der Harnisch im Einsatz war, oder ob er im Lagerzustand unterging, wäre noch vordringlich zu eruieren. Ebenso die eingesetzten Kampfmittel in Art und Anzahl zur Berechnung der Stärke der Angriffstruppe usw. Es stehen noch viele Erkenntnisse an?
Eine sehr große Hilfe bezüglich der Biografie der Haderern überregional kommt mir zu durch Herrn Konrad Lidmansky aus Wien, der die österreichische Linie der Hadrer erforscht. Er hat mit seinem Mitautor Werner Olbrich das schöne Buch Hadersfeld geschrieben, das am Gemeindeamt von 3423 St. Andrä-Wördern / Niederösterreich, Altgasse 30 erhältlich ist.
Sollten sich die Verdachtskriterien beider Forscher bestätigen, dann wären die Haderer jetzt ein 3 Länder übergreifendes, einschließlich Ungarn, über Jahrhunderte hinweg in höchsten Kreisen agierendes Geschlecht gewesen! Auf jeden Fall, was den Kampf betrifft, den dafür waren sie prädestiniert.
Einen großen Erfolg können wir Dank unserer Zusammenarbeit schon vermelden, die jetzt geschlossen vorhandenen Wappen der Österreicher und Bayern- Haderer sind identisch!
Ich hoffe, dem interessierten Leser Freude bereitet zu haben und sollte ein Haderer überlebt haben, der in die Rüstung paßt, kann sich dieser gerne zur seiner Legitimation melden!!!
Übrigens ist der Nachbau des Plattenrockes ab Juni/ Juli 2007 im Kino, in dem Ritterfilm Ekkelins Knecht, zu sehen. Es handelt sich um das Leben des Raubritters Ekkelin von Gailen, der 1384 in Neumarkt Obpf. Gerädert wurde. Hauptdarsteller, Autor und Regisseur ist Peter Klewitz. Er drehte den ersten Ritterfilm seit 40 Jahren in Deutschland.
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